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UV  Obligatorische Unfallversicherung


ZIEL

Beheben oder Mindern der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und immateriellen Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten sowie Unfallverhütung.


Versicherte Personen     

Pflichtversicherung (unabhängig von ihrem Alter) für alle in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmenden einschliesslich der Heimarbeiter, Lernenden (inkl. Schnupperlehrlinge), Praktikanten, Volontäre sowie der in Lehr- oder Invalidenwerkstätten tätigen Personen

Personen, die Arbeitslosenentschädigung beziehen (UVAL) und solche, die in einer Anstalt oder Werkstätte oder in einem Betrieb an Massnahmen der Invalidenversicherung teilnehmen, sofern sie in einem arbeitsvertragsähnlichen Verhältnis stehen (UVIV).

Freiwillig für Selbständigerwerbende

Berufsunfallversicherung für alle Arbeitnehmenden
Freizeitunfälle von Arbeitnehmenden sind nur UVG-versichert, wenn mind. 8 Wochenstunden für einen Arbeitgeber tätig (sonst – wie für die nicht Erwerbstätigen – in Krankenkasse mitversichert).

Personen, die Arbeitslosenentschädigungen beziehen, sind alle über die Suva versichert.

Einzelabredeversicherung für 1, maximal 6 Monate abschliessen, bevor jemand aus der obligatorischen Versicherung ausscheidet! Solange besteht die Leistungsdeckung wie in der letzten Anstellung bzw. als Arbeitslos.


Organisation

Gesetz
UV-Gesetz mit Verordnungen (z.B. Unfallverhütung), Kreisschreiben; abschliessend (für alle gleich)

Träger
Bund und Kantone, Versicherungswirtschaft

Vollzug
Suva (staatliche Unfallversicherungsanstalt) für industrielle Betriebe
übrige Versicherer (mit entsprechender Bewilligung) für die andern.
Ersatzkasse springt ein, wenn ein Arbeitgeber (der nicht der Suva unterstehen würde) es versäumt hat, der obligatorischen Unfallversicherung beizutreten


Beitrags-
PFLICHT

Während in den übrigen Sozialversicherungen von Beiträgen gesprochen wird, verwenden sowohl die Kranken- als auch die Unfallversicherung den gleichwertigen Begriff «Prämien».

  • Die Prämien für die Berufsunfallversicherung (BUV) gehen voll zulasten des Arbeitgebers.

  • Jene für die Nichtberufsunfallversicherung (NBUV) gehen zulasten der Arbeitnehmenden, wobei sich der Arbeitgeber daran beteiligen oder sie ganz übernehmen darf.

Für Arbeitslose und Personen in IV-Eingliederung wird ein grösserer Teil des Beitrages von der ALV bzw. IV übernommen und der Rest der versicherten Person vom Taggeld abgezogen.


Beitrags-
bemessung

Für die Prämienerhebung kommen Tarife zur Anwendung, in denen Unternehmen gleicher Betriebsart in Gefahrenklassen in Risikogemeinschaften mit identischen Prämienansätzen zusammengefasst werden.


Anspruchs-
voraus-
setzungen

Leistungen der Unfallversicherungen werden durch das Vorliegen eines Unfallereignisses bzw. dessen Folgen oder einer Berufskrankheit bzw. deren Folgen ausgelöst.
Zudem muss die betroffene Person zum Zeitpunkt des Unfalls (1) oder des Verursachens der Berufskrankheit obligatorisch (als Arbeitnehmer/in) oder im Rahmen der freiwilligen Versicherung UVG-versichert sein.

(1 ) Für Personen, die durchschnittlich weniger als acht Wochenstunden von beschäftigt sind – kein Zusammenrechnen aus mehreren Arbeitsverhältnissen –, besteht keine UVG-Deckung bezüglich der Freizeitunfälle, hingegen sind Unfälle auf dem Weg von und zu der Arbeit (als Berufsunfälle) versichert.


Leistungen

Versicherte Leistungen
 

Sachdienstleistungen
für alle Versicherten gleich

  • Heilbehandlung

  • Hilfsmittel

  • bestimmte Sachschäden
    (direkter Zusammenhang mit Unfall)

  • Reise-, Transport- und Rettungskosten

  • Leichentransport- und Bestattungskosten

Geldleistungen
lohnabhängig

  • Taggeld

  • Invalidenrente

  • Abfindung

  • Integritätsentschädigung
    (nicht lohnabhängig)

  • Hilflosenentschädigung
    (nicht lohnabhängig)

  • Hinterlassenenrente

  • Übergangstaggeld /-rente

  • Auskauf von Renten


TAGGELDER

Die versicherte Person hat – ab dem 3. Tag nach dem Unfalltag (Datum + 3) – Anspruch auf Taggeld, wenn sie wegen eines Unfalls oder einer Berufskrankheit ganz oder teilweise arbeitsunfähig ist.

Das UVG-Taggeld wird – gleich wie jenes der Invalidenversicherung – so lange ausgerichtet, wie dies erforderlich ist. Nur die Krankentaggeldversicherung ist auf 720 bzw. 730 Tage (innert 900) begrenzt.

Mit voller Erwerbsunfähigkeit beträgt das Taggeld 80% des versicherten Verdienstes (max. CHF 406.– pro Tag). Mit teilweiser Arbeitsunfähigkeit wird es entsprechend gekürzt.

Renten

UV-Invalidenrenten

  • Die UVG-versicherte Person muss einen Unfall, eine unfallähnliche Körperschädigung oder eine Berufskrankheit erlitten haben

  • von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung darf keine namhafte Besserung des Gesundheitszustands erwartet werden und

  • die Eingliederung der IV (1.Säule) muss abgeschlossen sein.

  • Aus Einkommensvergleich muss ein IV-Grad von mind. 10 % resultieren.

  • Mit Rentenbeginn entfallen die Taggeldleistungen

Die Unfallversicherung ermittelt den Invaliditätsgrad ausschliesslich nach dem Einkommensvergleich (Einkommen vor Eintritt des Gesundheitsschadens minus Einkommen, das nach erfolgter Eingliederung zumutbarer Weise noch erzielt werden könnte. Differenz in Prozenten = Invaliditätsgrad; keine Aufrechnung für Teilzeiterwerbstätige wie in der Invalidenversicherung). Unfallfremde Faktoren spielen für die Bemessung des Invaliditätsgrades keine Rolle, können aber eine Rentenkürzung bewirken!
Im Fall einer Vollinvalidität beträgt die UV-IV-Rente 80% des letztversicherten Verdienstes, mit Teilinvalidität der dem Invaliditätsgrad entsprechenden Anteil.

Die UV-IV-Rente wird lebenslänglich ausgerichtet, d.h. nicht durch eine Altersrente abgelöst. Sie wird ausschliesslich für die betroffene Person ausgerichtet, ungeachtet von deren familiären Umfeld. Dies bedeutet, dass UVG-seitig keine Kinderrenten oder Ehegattenzusatzrenten zur UV-IV-Rente ausgerichtet werden.

Die UV-Invalidenrente (bzw. die entsprechende Komplementärrente) von Versicherten, die ab 2025 das Referenzalter erreichen, wird dann gekürzt, wenn die betroffene Person zum Unfallzeitpunkt älter als 45 Jahre war.


Komplementärrente
 

Richten sowohl die AHV/IV als auch der Unfallversicherer für dieselbe Person eine Rente aus, ist eine Überentschädigung zu vermeiden. 
Der Unfallversicherer richtet in solchen Fällen eine Komplementärrente aus; d.h. er ergänzt die Leistungen der AHV/IV – ggf. inkl. Kinder-/Waisenrente oder im Falle der IV Ehegattenzusatzrente – auf 90% des letztversicherten Verdienstes.
Erreichen aber die Rentenleistungen der Invalidenversicherung bzw. AHV zusammen mit der «UV-IV-Rente» die 90 Prozent-Grenze nicht, werden die für die Voll- bzw. Teilinvalidität ermittelten Renten ausbezahlt.


UV-Hinterlassenenrenten

Der Unfallversicherer wird nur dann leistungspflichtig, wenn zwischen dem Unfall und der Todesursache ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, d.h. die betroffene Person an den (Spät-) Folgen eines Unfalls oder einer Berufskrankheit stirbt.
Gegebenenfalls richtet der Unfallversicherer dem überlebenden Ehegatten (unter gewissen Voraussetzungen auch dem geschiedenen Ehegatten) und den Kindern Hinterlassenenrenten aus. 

Stirbt die betroffene Person an unfallfremden Faktoren, gibt es keine Hinterlassenenrente/n des Unfallversicherers!


Anspruchsberechtigung Witwe-/Witwer

Der überlebende Ehegatte (d.h. die Witwe bzw. der Witwer) hat Anspruch auf die Ehegattenrente, wenn

  • er im Zeitpunkt der Verwitwung eigene rentenberechtigte Kinder hat oder mit solchen des verstorbenen Ehegatten im selben Haushalt wohnt oder

  • er zumindest zu zwei Dritteln invalid ist, bzw. dies innert zwei Jahren seit der Verwitwung wurde oder
    die Ehe zwar erst nach dem Unfall (bzw. Berufskrankheit) geschlossen wurde und entweder bereits vorher verkündet worden war oder zum Zeitpunkt des Todes schon mindestens zwei Jahre gedauert hat.

  • er zum Zeitpunkt des Todes der Ehefrau/ des Ehemanns das 45. Altersjahr zurückgelegt oder keine Unterhaltspflichten mehr gegenüber Kind/ern mehr hat.

Im Fall einer Wiederverheiratung der Witwe bzw. des Witwers erlischt der Rentenanspruch. Ein solcher lebt dann wieder auf, wenn die neue Ehe nach weniger als zehn Jahren geschieden oder für ungültig erklärt wird.

Der überlebende geschiedene Ehegatte (Mann und Frau) ist anspruchsberechtigt, sofern der/die verstorbene Versicherte ihm/ihr gegenüber zu Unterhaltsleistungen verpflichtet war).


Anspruch auf Witwenabfindung

Witwen oder Witwer, welche die Anspruchsvoraussetzungen für eine Ehegattenrente nicht erfüllen, haben Anspruch auf eine Witwenabfindung. Die Abfindung für den hinterlassenen (oder geschiedenen) Ehegatten richtet sich nach der Ehedauer und der Höhe der entgangenen Hinterlassenenrente:


Waisenrentenanspruch

Kinder bis zum Vollenden des 18. Altersjahres - wenn in Ausbildung begriffen, bis zu deren Abschluss, längstens bis zum vollendeten 25. Altersjahr - haben beim Tod des versicherten Elternteils Anspruch auf eine Halbwaisenrente. 

Überentschädigungsabschöpfung

→ Intasystemisch wird die Summe der Witwen- bzw. Witwerrente mit den Waisenrenten auf 70% des letztversicherten Verdienstes begrenzt; wenn mit geschiedenem Ehegatten zusammen auf 90%.

→ Intersystemisch: Komplementärrente, wenn auch die AHV eine Hinterlassenenrente ausrichtet! (Details vgl. unter Invalidenrente).


Hilflosenentschädigung 

Versicherte, die – wegen einer durch Unfall oder Berufskrankheit entstandenen Invalidität – in ihren täglichen Lebensverrichtungen auf die Hilfe Dritter angewiesen sind oder der persönlichen Überwachung bedürfen, haben Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der Unfallversicherung. 


Verfahren

Geltendmachen des Anspruches 

Das Anmeldeverfahren ist sowohl für Unfälle als auch für Berufskrankheiten gleich. Die betroffene Person (bzw. deren Angehörige) hat den Unfall der eine ärztliche Behandlung erfordert und/oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat, unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden.
Der Arbeitgeber hat dem Unfallversicherer unverzüglich Mitteilung zu machen, sobald er erfährt, dass eine versicherte Person seines Betriebes einen Unfall erlitten hat, der eine ärztliche Behandlung erfordert, eine Arbeitsunfähigkeit oder den Tod zur Folge hat.

Verunfallte Bezüger/innen von Arbeitslosenentschädigungen, melden den Unfall dem zuständigen regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV).

Die Schadenabwicklung verläuft in fünf Phasen, die (gemäss gesetzlichen Bestimmungen) eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, Versicherer und Leistungserbringer verlangen.
1. Anmeldeverfahren;
2. Abklärungsverfahren;
3. Festsetzen der Leistungen, Entscheid und Verfügung;
4. Überwachungsverfahren;
5. Gewähren von Leistungen (Liquidationsverfahren).


Leistungskürzung oder -verweigerung durch Verletzung der Obliegenheiten 

Dreierlei Konstellationen können Kürzung oder Verweigerung der Unfallversicherungs-Leistungen nach sich ziehen:

  • Unfallfremde Faktoren

  • Verschulden der versicherten Person bzw. der Hinterlassenen

  • Verletzung der Obliegenheiten

    • Vorsicht, das Betreiben von Trendsportarten wird oft als Wagnis ausgelegt und kann eine empfindliche Kürzung der Geldleistungen bewirken.


Rechtspflegeverfahren

  1. Einsprache an verfügenden Unfallversicherer
    Gegen Verfügungen kann innerhalb von 30 Tagen beim verfügenden Unfallversicherer Einsprache erhoben werden.
    Die Einsprache-Entscheide sind in angemessener Frist zu erlassen, begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.

  2. Beschwerde
    Gegen Einsprache-Entscheide (und Verfügungen, gegen die eine Einsprache ausgeschlossen ist) kann innerhalb von 30 Tagen am Wohnsitz der betroffenen Person Beschwerde erhoben werden.
    Zur Beschwerde berechtigt ist, wer durch die angefochtene Verfügung oder den Einsprache-Entscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.

  3. Beschwerde ans Bundesgericht
    Gegen Entscheide des kant. Sozialversicherungsgerichts kann innerhalb von 30 Tagen Beschwerde am Bundesgericht, erste sozialrechtliche Abteilung in Luzern erhoben werden. Dieses entscheidet abschliessend.


Links/
Literatur

Wegleitung der Suva durch die Unfallversicherung
Merkblätter der Suva

Merkblätter der Info-Stelle (Download von www.ahv-iv.ch > Merkblätter & Formulare, oder Bezug von AHV-Gemeindezweigstelle bzw. Ausgleichskasse)

Leitfaden Schweizerische Sozialversicherung (Standardwerk mit 19 Kapiteln auf rund 1000 Seiten) – hier bestellen

«Jahrbuch der Sozialversicherungen» (auch in Französisch, Italienisch und Englisch erhältlich), jährlich aktualisiert finden Sie hier übersichtlich auf rund 180 Seiten das Wichtigste. Gertrud E. Bollier – hier bestellen

«Penso» bietet als Webplattform und Zeitschrift (6 Nr. pro Jahr) Aktuelles rund um Personalmanagement, Sozialversicherungen und berufliche Vorsorge sowie News aus Verbänden, wegweisende Gerichtsentscheide und schliesslich Leithilfen zu Lebens- und Arbeitswelten. Mehr unter https://vps.epas.ch/unsere-zeitschriften-im-ueberblick/penso